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Medikament oder Impfstoff, Therapie oder Prävention – worin liegt der Unterschied und woran wird geforscht?

Medikament oder Impfstoff, Therapie oder Prävention – worin liegt der Unterschied und woran wird geforscht?

In beeindruckender Geschwindigkeit ist die Forschung an Arzneimitteln gegen das Coronavirus angelaufen. Geforscht wird in drei großen Bereichen: schnelle und zuverlässige Tests zum Nachweis des Virus, präventive Impfstoffe sowie passgenaue Therapien gegen COVID-19. Um rasch Ergebnisse zu erzielen, arbeiten Academia, Organisationen und Unternehmen eng zusammen.

Zur Behandlung bereits an COVID-19 Erkrankter: Therapeutische Medikamente

Unternehmen weltweit erproben vorhandene Medikamente auf ihre Eignung zum Einsatz gegen COVID-19 und/oder entwickeln neue Arzneimittel. Dazu screenen sie Wirkstoffe in unterschiedlichsten Entwicklungsstadien und eine Vielzahl an aktiven Substanzen. Dazu kooperieren sie untereinander oder mit Forschungsorganisationen weltweit.

Die meisten therapeutischen Ansätze basieren auf bereits für andere Erkrankungen zugelassene oder in Entwicklung befindliche antivirale Wirkstoffe. Das sind: Remdesivir, Lopinavir und Ritonavir (Handelsname: Kaletra), Favipirvir (Avigan), Darunavir (Prezista), Chloroquine Phosphate (Resochin), Hydroxychloroquine (Plaquenil), Camostat Mesilate (Foipan), APN01 (rhACE2), Tocilizumab (Roactemra), Sarilumab (Kevzara) und Interferon beta 1a (SNG001).

Einige dieser Wirkstoffe werden bereits in Heilungsversuchen einzeln oder in Kombination angewendet und/oder in klinischen Prüfungen auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit bei Covid-19 erprobt. Im Endeffekt zielen sie darauf ab, die Krankheitsverläufe bei COVID-19-Patienten zu erleichtern bzw. COVID-19 zu heilen. Viele Projekte der Arzneimittelentwicklung beschäftigen sich zum Beispiel damit, bei schweren COVID-19 Verläufen ein akutes, nicht obstruktives Lungenversagen (kurz ARDS) zu verhindern.

Präventiv agieren – Impfstoffe zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie

Rasch einen sicheren, wirksamen Impfstoff zu entwickeln, hat global hohe Priorität. Impfungen bewirken den Schutz der geimpften Person (Individualschutz) und zusätzlich auch, dass nicht immune Personen indirekt geschützt werden, weil die Verbreitung von Infektionen verhindert wird (Gemeinschafts- oder Herdenschutz).

Lebendimpfstoffe mit Vektorviren:

    • harmlose Viren als Ausgangspunkt, beispielsweise das „Modifizierte Vaccinia-Virus Ankara“ (MVA), das Adenovirus Serotyp 26 oder das Virus aus Masernimpfstoff.
    • Vektorviren können sich in Menschen vermehren, ohne eine Erkrankung auszulösen.
    • Forscher "verkleiden" sie mit gentechnischen Mitteln als SARS-CoV-2 (konkret: sie tauschen ein oder mehrere ihrer Oberflächenproteine durch SARS-CoV-2-Proteine aus), sodass sie dem Immunsystem eine COVID-19-Infektion vorgaukeln können.
    • Wer damit geimpft wird, baut einen Immunschutz auf, der auch eine echte Infektion abwehren kann – so der Plan.
    • Ein weiterer Vorteil: es ist bereits bekannt, wie man Vektorviren in großen Mengen vermehren kann.
    • Bisherige Impfstoffe basierend auf dieser Technologie: erster zugelassener Ebola-Impfstoff und ein weiterer Ebola-Impfstoff (dessen Zulassung beantragt ist)
    • In Coronavirus-Projekten: Janssen, DZIF und die University of Oxford, Themis (Österreich) in Zusammenarbeit mit Institut Pasteur und University of Pittsburgh

Totimpfstoffe mit Virusproteinen:

  • Lang bewährte Technologie, bei der winzige Mengen abgetöteter Viren zum Einsatz kommen.
  • Möglicherweise ist es aber bei anderen Impfstoffen leichter, schnell große Mengen von Impfeinheiten zu produzieren. Das allerdings wird sich erst zeigen, wenn es soweit ist.
  • Bisherige Impfstoffe auf dieser Basis: Sehr viele zugelassene Impfstoffe sind so zusammengesetzt; beispielsweise solche gegen Tetanus, Hepatitis B oder Grippe.
  • In Coronavirus-Projekten: Novavax, Greffex der University of Queensland sowie Kooperation von Sanofi und GSK

Genbasierte Impfstoffe:

  • Messenger- oder mRNA-Impfstoffe beinhalten nicht das Antigen des Virus, gegen das der Körper einen Schutz aufbaut, sondern lediglich den genetischen Bauplan dafür.
  • Der Bauplan wird bei der Injektion des Impfstoffs in die Körperzellen eingeschleust. In der Folge produziert die Körperzelle selbst das Antigen.
  • Wie auch bei herkömmlichen Impfstoffen erkennen die Immunzellen in der Folge das Antigen und bauen einen Schutz auf.
  • Dieser Prozess klingt einfach, dennoch ist das Verfahren sehr komplex. Impfstoffe dieser Art hätten den Vorteil, dass sehr schnell viele Injektionsdosen produziert werden könnten.
  • Bisherige Impfstoffprojekte auf Basis von mRNA: noch keine
  • In Coronavirus-Projekten: CureVac, Pfizer/BioNTech, Moderna, Inovio, Arcturus, LineaRx/Takis, Anges und Translate Bio/Sanofi; Konsortium OpenCorona unter Führung des schwedischen Karolinska-Instituts und unter Mitwirkung der Universität Gießen

Coronavirus-Impfstoffe: Besonderheiten in der Entwicklung und Produktion

Bei allen Impfstoffkandidaten ist offen, wie lange ein COVID-19-Impfstoff überhaupt für Immunität sorgen kann. Bei Impfstoffkandidaten gegen SARS verschwand der Schutz teilweise bereits nach wenigen Monaten. Zudem besteht immer die Gefahr, dass Viren mutieren, sich Oberflächenproteine verändern und ein Impfstoff an Wirkung verliert.

Selbst bei bestmöglichem Verlauf der Entwicklung wird es schwierig, einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 für den großflächigen Einsatz binnen weniger Wochen oder Monaten zu produzieren. Einige Impfstoffhersteller sind aber bereits damit befasst, sich auf die Massenproduktion vorzubereiten.

Welche Schritte durchläuft ein Arzneimittel- oder Impfstoffkandidat in der Entwicklung?

Haben Forscher eine Substanz gefunden, von der sie annehmen, sie lasse sich als Impfstoff oder als Wirkstoff für ein Medikament einsetzen, durchläuft dieser Kandidat eine Prüfung in mehreren Schritten. Nach erfolgreichem Abschluss kann ein Antrag auf Zulassung als Medikament oder Impfstoff gestellt werden.

So läuft die klinische Prüfung ab:

Präklinische-Phase: In Zell- und Tierversuchen wird zunächst die grundsätzliche Sicherheit und Wirksamkeit des Kandidaten geprüft

Phase 1: Die Prüfung beginnt zunächst an wenigen gesunden Freiwilligen. In dieser Phase wird die Verträglichkeit eines Wirkstoffes sichergestellt. Sie kann auch mit der nächsten Phase kombiniert werden.

Phase 2: An meist einigen hundert Menschen wird die Wirksamkeit des Testkandidaten untersucht. Im Falle eines Impfstoffes wird zum Beispiel geprüft, ob schützende Antikörper gebildet werden. In dieser Phase soll unter anderem auch geklärt werden, wie, wie oft und in welcher Dosis der Impfstoff am besten verabreicht wird.

Phase 3: In der aufwändigsten und teuersten Phase wird der Impfstoff oder Arzneimittelkandidat an tausenden Menschen geprüft. Die Ergebnisse aus dieser Phase sind für einen Antrag auf Zulassung entscheidend.

Phase 4: Studien dieser Phase werden nach der Zulassung durchgeführt. Sie dienen zum Beispiel dazu, seltene Nebenwirkungen zu erkennen oder spezielle Fragestellungen an bestimmten Patientengruppen zu untersuchen.

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