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Die Herausforderungen: Forschung & Entwicklung von Medikamanten für Seltene Erkrankungen

2020 hat die European Medicines Agency (EMA) 22 Arzneimittel zur Behandlung von Seltenen Erkrankungen zugelassen. Das bedeutet, dass rund ein Fünftel der jährlich neuen Medikamente in der EU Orphan Drugs sind. Damit stehen Patientinnen und Patienten in der EU seit der 2000 in Kraft getretenen Orphan Drug Regulation 184 Medikamente für die Behandlung von seltenen Krankheiten zur Verfügung.

Woher stammt der Name Orphan Drug?

Seltene Erkrankungen haben nicht immer die Aufmerksamkeit erhalten, die ihnen Mediziner und Therapie-Entwickler heute widmen. Aus dieser Zeit stammt der Begriff Orphan Diseases für „verwaiste Krankheiten“ und Orphan Drugs für Medikamente zu ihrer Behandlung.

Wendepunkt im Jahr 2000

Das Orphan Designation Programm der EU (Europäische Verordnung über Arzneimittel für Seltene Erkrankungen (EG) Nr. 141/2000) unterstützt seit dem Jahr 2000 Biotech- und Pharmaunternehmen mit Förderungen und anderen Incentives wie zum Beispiel reduzierten Zulassungsgebühren sowie einer 10-jährigen Marktexklusivität bei der Entwicklung von Therapien gegen Seltene Erkrankungen. Dazu muss ein Antrag auf Zuerkennung des Orphan-Drug-Status (= Designation) bei der EMA erstellt werden, der zu jedem Zeitpunkt der Entwicklung vor dem Antrag auf Zulassung gestellt werden kann.

In den Jahren 2000 bis 2019 wurden 3.443 Anträge auf Erteilung des Orphan-Drug-Status gestellt. 2.233 davon erhielten die Zuerkennung, von denen bislang wiederum nur 164 die Zulassung als Orphan Drug erreichten.

Zuerkennung-des-Status-versus-der-Zulassung-von-Orphan-Drugs-2000-bis-2019 xs | © PHARMIG 2021

Diese Zahlen spiegeln einerseits die intensive Forschungs- und Entwicklungsaktivität wider. Die Anzahl der Zulassungen (169 von 2.233) zeigt aber auch, wie wenige Projekte schlussendlich zu einem neuen am Markt erhältlichen Orphan Drug führen und machen deutlich, dass die Forschung in diesem Bereich besonders aufwändig und risikoreich ist.

Welchen Nutzen müssen Medikamente zur Behandlung von Seltenen Erkrankungen beweisen?

Ein Medikament erhält den Orphan Drug-Status nur dann, wenn

  • es sich um Arzneimittel für eine seltene schwere oder tödliche Erkrankung handelt
  • noch keine zufriedenstellende Therapieoption (zufriedenstellende Methode für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung) für das betreffende Leiden zugelassen ist, oder
  • es im Vergleich zur vorhandenen Therapie voraussichtlich einen „erheblichen Nutzen“ aufweist - einen klinisch relevanten Vorteil oder einen bedeutenden Beitrag zur Behandlung von Patienten.

Dieser „erhebliche Nutzen“ wird dreimal überprüft: Bei der Beantragung des Status durch den Hersteller in der Entwicklungsphase bei der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA), bei der Marktzulassung und 5 Jahre danach. Sollten diese Kriterien nicht mehr erfüllt sein, so wird dem Arzneimittel der Orphan Drug-Status aberkannt. Die oben genannten Kriterien müssen nicht anstatt, sondern zusätzlich zur Zulassung erfüllt werden.

Forschung ist die beste Medizin

Eine Therapiemöglichkeit ist gerade für Patienten mit Seltenen Erkrankungen und ihre Angehörigen grundlegend lebensverändernd. Auch wenn die Anzahl der zugelassenen Orphan Drugs seit 2000 maßgeblich erhöht werden konnte, gibt es noch viel zu tun, denn für die meisten Seltenen Erkrankungen gibt es noch keine Therapie.

Die Entwicklung von Arzneimitteln ist jedoch ein langwieriger und kostenintensiver Prozess, der mit vielen Risiken verbunden ist. Durchschnittlich werden 5.000 - 10.000 Substanzen beforscht, damit letztlich eine als Arzneimittel zugelassen wird. Auch wenn die Erfolge der letzten Jahre

Die Forschung für seltene Erkrankungen ist besonders herausfordernd

  • Auf Grund der geringen Anzahl an Patienten pro Erkrankung gibt es meist nur wenig Wissen und auch nur wenige Ärzte, die sich damit auseinandersetzen.
  • Dadurch ist es sehr schwierig, geeignete Ansatzpunkte für die Entwicklung festzulegen, das Risiko, die falschen Parameter zu wählen, ist entsprechend hoch.
  • Für klinische Studien muss in vielen Ländern nach einer ausreichenden Anzahl an geeigneten Patienten gesucht werden.
  • Die Durchführung der Studien erfolgt jedoch nur an wenigen spezialisierten Zentren, sodass die Patienten regelmäßig weite Anreisen auf sich nehmen müssen.
  • Die Kosten der langjährigen Entwicklung müssen über wenige Patienten erwirtschaftet werden. Folglich muss der Preis für ein solches Arzneimittel höher sein als für ein Arzneimittel, das an einer großen Patientenzahl Anwendung findet.

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